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Thüringer Allgemeine Apolda 11.4.2005

Befehl zum Räumen

APOLDA. Der TA-Artikel vom Samstag über den heutigen Besuch von US-Veteranen in Apolda stieß bei Leonore Oschmann auf solche Aufmerksamkeit, dass sie den Artikel ausschnitt und ihrem Sohn am Wochenende vorlegte. Über die Amerikaner wusste sie nämlich auch etwas zu berichten.

"Es war so kalt, wie vor Wochen hier in Apolda", erinnert sich die heute 81-jährige Leonore Oschmann 60 Jahre zurück. Während im Rathaus die Kapitulationsurkunde unterschrieben wurde, musste sie mit ihren Geschwistern und Eltern das Grundstück in Schöten unverzüglich räumen. Ihre Eltern besaßen die Lindwurm-Brauerei in Schöten und zehn Hektar Landwirtschaft. In ihrer Villa quartierte sich ein Teil der Amerikaner ein. Leonore Oschmann vermutet, dass sie in dem Haus auch eine Krankenstation eingerichtet hatten. Zumindest erinnert sie sich noch an einen Zahnarztstuhl. Wie ihre Schwester auch, schlief sie bei einer Freundin im Dorf. Die Eltern haben in einem Futterschuppen gehaust. Als sie das ihrem Sohn am Wochenende erzählte, war der erstaunt: "Das hast Du uns ja noch gar nicht erzählt!" Daraufhin entgegenete sie ihm kurz und trocken: "Da habe ich auch noch keine Zeit dafür gehabt." Vor ihr liegen die Fotoalben und ein Kriegstagebuch ihres Vaters Karl Robert Gröbe, das er über seinen Einsatz als Unteroffizier in Persien im ersten Weltkrieg geschrieben hatte. Er wurde 1945 von den Russen erschossen. 1994 erhielt sie das Rehabilitierungsschreiben. "Wegen falscher Anschuldigungen" sei er verurteilt worden, hieß es darin. Für ihre Enteignung von Haus, Hof und Land 1945 hat die Familie bis heute keinen Pfennig erhalten. Die Brauerei sei von den Russen kurz und klein gemacht worden. Der Tisch, der heute in ihrer Stube steht, gehörte in die Brauerei und konnte gerettet werden. Dort versorgten sich die Amerikaner mit dem Starkbier aus Schöten. Hin und wieder gab es für die Braufamilie ein Päckchen Kaffee dafür. Den Stubenschrank sollen die Soldaten aufgebrochen haben. Die Spuren sind noch 60 Jahre später zu sehen. Zwei Wochen sollen die Amerikaner ihr Haus in Beschlag genommen haben, dann durften sie wieder einziehen. "Die haben sich anständig benommen", schätzt Leonore Oschmann im Nachhinein ein. - Bis auf die brachialen Spuren am Stubenschrank. André HESS