Veterans
Trip 2005


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Thüringer Allgemeine 8.4.2005

Dokumente des Grauens

Der Kalifornier Orville B. Iverson ist einer der US-Veteranen, die im April 1945 auf dem Ettersberg eintrafen.

Iverson hatte als Funker an der Landung in der Normandie teilgenommen. Dicht hinter den Linien folgte er dann der amerikanischen Armee durch Belgien und Deutschland. Er sah das Leid der Menschen, er sah Kameraden sterben und wurde selbst verletzt. Doch was er kurz vor Kriegsende in Buchenwald sehen musste, übertraf noch die Grausamkeiten der Gefechte. Wie war so etwas möglich?

Weimar sollte die Stadt sein, wo Iverson seine letzte Funkstation aufbauen würde. Mit einem kleinen Trupp von anderen Funkern war er auf der Suche nach einem passenden Ort. Dass auf dem Berg, für den sie sich entschieden, ein Konzentrationslager stand, wusste er nicht. Was wussten die Menschen, die am Fuße des Berges lebten?

Einige Kameraden weigerten sich, das Lager zu betreten. Iverson aber wollte die Grausamkeiten dokumentieren. Mit seiner Kodak-Kamera fotografierte er die Leichenberge, die Öfen, die zu Gerippen gewordenen Überlebenden. Wie sollte er diese Fotos seinen künftigen Kindern erklären?

Ein ungarischer Häftling führte ihn durch das Lager. Für den Bauernsohn aus Minnesota war es unvorstellbar, dass Menschen Tiere misshandelten. In Buchenwald sah er Zeugnisse von Menschen, die Menschen misshandelt hatten. Und offenbar zu ihrer Unterhaltung. Hatten sie denn keine Familien?

Als General Patton Einwohner der Umgebung als Zeugen nach Buchenwald holte, beobachtete der Funker die Reaktionen. Viele waren geschockt, einige brachen zusammen. Fühlten die, die sich nichts anmerken ließen, wirklich nichts?

Mit den Erinnerungen kehren an diesem Wochenende auch die Fragen wieder, auf die Iverson nie eine Antwort fand.

Holger WETZEL