Suite 100
Das Hotel Elephant und die Anfänge des Rundfunks in Thüringen
Als
im Frühjahr 1945 das 3. Reich sich seinem Untergang näherte und die Reichsbehörden aus
Berlin weg nach Thüringen auswichen, folgte auch das wichtigste Mittel
Goebbels`scher Propaganda – der Rundfunk. Im kleinen Ort Veilchenbrunn
nahe Oberhof quartierte sich der „Grossdeutsche Rundfunk“ ein. Im dortigen
Gasthaus errichteten die Mitarbeiter ein Behelfsstudio. Die in Berlin
verbliebene Abteilung durfte sich mit dem martialischen Titel „Kampfsender
Berlin“ schmücken und die Kampfhandlungen bis zum bitteren Ende miterleben.
Nach Kriegsende und Abzug der US-Armee
aus Thüringen setzten nunmehr die Sowjets alles daran, einen funktionierenden
Rundfunk im Land aufzubauen. Man kam sehr schnell auf die Idee das Weimarer
Hotel Elephant zumindest vorübergehend dafür zu nutzen. Im Traditionshaus am
Markt existierte eine sogenannte „Gaufunkstelle“. In den 30er Jahren wurde
das Hotel komplett neu gebaut. Hitler benötigte für seine vielen Aufenthalte
in der Stadt ein standesgemäßes Quartier. In der Suite 100 erfolgte der Einbau
von Rundfunktechnik. Hitler konnte so, wann immer er wollte, sich ins
Reichsprogramm einschalten. Heute lässt sich in den Archiven nicht mehr
feststellen, welche seiner Reden aus dem Weimarer Hotel gesendet wurde. Die
damalige Technik basierte noch auf Röhren und war deshalb groß und unhandlich.
Im Badbereich der Suite standen die Einbauten für die Verstärkertechnik in der
Größe von Schränken.
Das Hotel Elephant in den 30er Jahren
Den Krieg überstand das Hotel
nahezu unbeschadet. Die Sowjets schafften aus Veilchenbrunn noch weitere Technik
herbei und im
Sommer 1945 begann die Ausstrahlung von Wortsendungen. Dabei handelte es sich
meist um Anordnungen und Proklamationen der Sowjetischen Militärregierung. Der
Sendebetrieb erweiterte sich mit dem zunehmenden Wiederaufleben des kulturellen
Lebens in der Stadt. So wurden in der Weimarhalle erste Versuchssendungen
unternommen um z.B. Sinfoniekonzerte der Weimarischen Staatskapelle unter
GMD Prof. Hermann Abendroth zu übertragen.
Am 1.12.1945 nahm dann der Landessender Weimar den regelmäßigen Sendebetrieb
auf. Das Hotel Elephant diente noch bis zur offiziellen Einweihung des neuen
Funkhauses an der Humboldtstrasse als Domizil.
Heute
ist von all dem nichts mehr zu sehen. Die Einbauten von damals sind längst
schon verschwunden. Die Suite 100 wurde unter Mitwirkung Udo Lindenbergs neu
gestaltet. Dort sind Erinnerungsstücke
u.a. die Schalmei, die er von Erich Honecker geschenkt bekam, und seine berühmten
„Likörelle“ zu sehen. Manchmal nächtigt auch Kanzler Schröder in der
Suite. Aber irgendwo im Weimarer Untergrund müssten noch die alten Leitungen
der Post liegen, über die das Hotel ans Rundfunknetz angeschlossen war, und
somit von diesem Kapitel Weimarer und Thüringer Rundfunkgeschichte zeugen.